Die EU plant digitale Produktpässe zur Bekämpfung von Lebensmittelbetrug, doch Experten bezweifeln deren Wirksamkeit und sehen Blockchain als bessere Alternative. Insbesondere die Blockchain-basierte Self-Sovereign Identity (SSI) könnte manipulationssichere Rückverfolgbarkeit und Transparenz in Lieferketten gewährleisten, wie am Beispiel des weitverbreiteten Honigbetrugs verdeutlicht wird. Dadurch könnten Verbraucher die Produktherkunft selbstständig überprüfen und informierte Kaufentscheidungen treffen.
Die Europäische Union plant die Einführung digitaler Produktpässe, um die Rückverfolgbarkeit von Produkten zu verbessern und Lebensmittelbetrug effektiver zu bekämpfen. Experten äußern jedoch Zweifel an der Wirksamkeit dieser Maßnahme. Wie Cointelegraph berichtet, könnte die Blockchain-Technologie eine deutlich bessere Lösung darstellen.
Der weitverbreitete Honigbetrug verdeutlicht die Problematik. Untersuchungen in Großbritannien haben ergeben, dass erschreckende 96% des importierten Honigs gefälscht sind. Sowohl die britische Lebensmittelbehörde als auch die Europäische Kommission drängen auf Reformen, um die Rückverfolgbarkeit innerhalb der Lieferketten zu optimieren und das Vertrauen der Verbraucher wiederherzustellen. Das Problem liegt jedoch weniger im Mangel an Daten, sondern vielmehr in deren Manipulation.
Wie die Europäische Kommission berichtet, wurden 2023 gefälschte Waren im Wert von 3,4 Milliarden Euro in die EU importiert. Bereits 2020 stellte das Honey Authenticity Network fest, dass ein Drittel aller Honigprodukte gefälscht waren. Diese "wirtschaftlich motivierte Verfälschung" (EMA) besteht darin, hochwertige Inhaltsstoffe durch billigere Alternativen wie Süßstoffe oder minderwertiges Öl zu ersetzen. Dies birgt gesundheitliche Risiken, da die Ersatzstoffe giftige Zusätze enthalten können.
Honig wird häufig mit Maissirup gestreckt oder mit Stärke beziehungsweise Gelatine künstlich verdickt. Diese Manipulationen sind mit herkömmlichen Testverfahren schwer nachzuweisen. Gefälschtem Honig fehlen die Enzyme, die echtem Honig seinen charakteristischen Geschmack und seine wertvollen Nährstoffe verleihen. Um die wahre Herkunft zu verschleiern, filtern einige Unternehmen den Pollen aus dem Honig, bevor sie ihn über Zwischenhändler in Ländern wie Vietnam oder Indien exportieren. Dort wird der Honig neu etikettiert und mit gefälschten Zertifikaten versehen, um höhere Preise zu erzielen.
Bevor ein Glas Honig im Supermarktregal landet, durchläuft es in der Regel sechs bis acht Stationen in der Lieferkette. Die derzeitige Praxis macht die Überprüfung der Echtheit äußerst schwierig. Die ineffiziente, papierbasierte Bürokratie erschwert die Rückverfolgung der Herkunft, insbesondere in den Zwischenländern. Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) schätzt, dass mindestens 1% der weltweiten Lebensmittelindustrie, möglicherweise sogar bis zu 40 Milliarden Dollar pro Jahr, von Betrug betroffen sind – die tatsächliche Zahl könnte noch deutlich höher liegen.
Lebensmittelbetrug schadet nicht nur den Verbrauchern, sondern gefährdet auch die Existenzgrundlage von Imkern. Ziya Sahin, ein türkischer Imker, beklagt die unzureichenden Regulierungen und die mangelnde Befugnis, Straßenhändler zu kontrollieren. Die geplanten digitalen Produktpässe der EU sollen zwar die Rückverfolgbarkeit und Transparenz in den Lieferketten verbessern, werden jedoch schon jetzt als ineffektiv und leicht manipulierbar kritisiert. Das Kernproblem liegt im Vertrauen auf menschliche Kontrolle, die anfällig für Korruption ist.
Die Blockchain-Technologie, insbesondere das Konzept der Self-Sovereign Identity (SSI), bietet eine vielversprechende Alternative. SSI für Produkte basiert auf einem Vertrauensdreieck zwischen Ausstellern, Inhabern und Prüfern. Jeder Produktnachweis muss durch überprüfbare Referenzen einer vertrauenswürdigen Quelle abgesichert sein. Verifizierbare Credentials, geschützt durch Kryptografie, erschweren Manipulationen erheblich. Fehlende oder ungültige Credentials würden einen Betrug sofort offenlegen.
SSI ermöglicht eine manipulationssichere Rückverfolgbarkeit für jedes einzelne Produkt. Verbraucher können die Herkunft und Geschichte eines Produkts selbstständig überprüfen, indem sie kryptografische Zertifizierungen scannen, die von den Validatoren bestätigt wurden. Dies minimiert das Risiko von Fehlinformationen und Korruption. Die Blockchain-Technologie bietet die notwendige Infrastruktur, um die Identität von Produkten über verschiedene Stellen, Standards und Regionen hinweg zuverlässig zu verfolgen. Sie stärkt das Vertrauen und die Transparenz in der Lieferkette und ermöglicht es Verbrauchern, informierte Kaufentscheidungen zu treffen.
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